Bündnis gentechnikfreies Wendland
Pressemitteilung
Lüchow, den 12.2.2009
Gentechnik ist Risikotechnologie
Veranstaltung in Lüchow gegen Gentechnik
Perspektive für Imker nur noch in der Großstadt?
Bei einer Veranstaltung am Mittwochabend in Lüchow kamen mehr als 40 Gentechnikkritiker und --kritikerinnen zusammen, um sich über die Gefahren zu informieren. Dr. Christian Schüler von der Uni in Witzenhausen referierte über die Risiken der Agro-Gentechnik, die gesundheitliche, juristische, soziale und ökonomische Gefahren birgt. So stellte er eine Studie des österreichischen Umweltministerium vor, nach der mit genveränderten Futtermitteln gefütterte Mäuse in der dritten Generation eine geringere Fruchtbarkeit und eine niedrigeres Gewicht aufzeigten, als die Kontrollgruppe. Auch sei der ökonomische Nutzen nicht so gegeben, wie derChemiekonzern Monsanto angäbe: In Sachsen habe man in einem zweijährigen Zeitraum nachweisen können, dass der Anbau des genveränderten BT-Mais Mon 810 im Vergleich zum Anbau von konventionellen Mais bei einem normalen Befall mit dem Schädling Maiszünsler keine ökonomischen Vorteile bringe. Die Gründe: Der Landwirt habe höhere Kosten durch das spezielle Saatgut, müsse getrennte Produktionsabläufe für die Produktionsmittel, die mit dem GVO-Saatgut in Verbindung kommen, vorhalten, das Antragswesen sei sehr zeitaufwändig undinsgesamt verschlänge die Erfüllung der Auflagen aus dem Gentechnikgesetz Zeit und Geld, so dass eine Steigerung des Gewinns nicht erreicht werde.
Sein Fazit: In der Landwirtschaft eingesetzte Gentechnik ist eine unökonomische Risikotechnologie.
Der Berufsimker Marco Otte aus Beutow führt den Betrieb in vierter Generation. Er schockierte die Zuhörer mit der Aussicht, dass sich für ihn bald nur noch eine Zukunft in der Großstadt bieten würde. Begründung dafür sei die Gefahr, die durch den BT-Mais ausginge, sowie der massive Pestizideinsatz auf dem Land. Otte zeigte sich enttäuscht über die geringe Positionierung der Imker gegenüber der Gentechnik. "Wir als Imker dürfen nur 0,3 Prozent GVO- Verunreinigung in unserem Honig haben. Wenn wir drüber liegen, müssen wir unseren Honig als Sondermüll entsorgen" so wie ein Imker aus Süddeutschland. "Meine Existenz hier im Landkreis ist gefährdet, käme es zu einer erneuten Aussaat von Mon 810". Der ausländische, insbesondere kanadische Kleehonig in den Supermärkten würde vielmals Verunreinigungen von bis zu 6 Prozent aufweisen, so dass von einem Verkauf und Verzehr nur abgeraten werden könne.
Landwirt Martin Schulz von der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (ABL) berichtete von der am Widerstand einiger einflussreicher Landwirte gescheiterten Einrichtung einer gentechnikfreien Region Wendland vor einigen Jahren. Die ABL würde trotzdem noch das Ziel verfolgen, gentechnikfreie Regionen zu etablieren, doch würde dies stark von dem Engagement einzelner Landwirte abhängen. "Von oben lässt sich da gar nichts forcieren, das muss von unten wachsen", so Martin Schulz. Die Zuhörer reagierten prompt mit Vorschlägen, doch einfach ganz klein anzufangen. Mit einzelnen Höfen, die sich gentechnikfrei erklären. Ein anderer Vorschlag lautete, wenn schon die Produzenten nicht eindeutig Stellung beziehen, dann können es die VerbraucherInnen tun, in dem sie deutlich signalisieren: Ich kaufe nur gentechnikfreie Produkte. Die Kaufentscheidung könnte zum Beispiel durch einen gentechnikfreien Einkaufsführer erleichtert werden.
Zu der Gefahr durch genveränderten Mais könnte theoretisch auch noch die genmanipulierte Amflora-Kartoffel kommen, falls deren Anbau von den Behörden zugelassen würde. Hier gibt es aber wenig Chancen für einen großflächigen Anbau im hiesigen Landkreis, weil die Stärkefabrik in Lüchow, als potentieller Abnehmer, nur für die Lebensmittelproduktion produziert und dabei keine genveränderte Kartoffel annehmen darf.
Wie der bundesweite Widerstand gegen den Anbau von Gen-Mais aussieht, skizzierte Gwendolyn Jobst vom Bündnis gentechnikfreies Wendland, die selbst bei einer Feldbefreiungsaktion im Sommer letzten Jahres im bayerischen Landkreis Kitzingen dabei war. Die Initiative "Gendreck weg" hatte dazu eingeladen, ein Feld mit BT-Mais zu befreien, indem die Pflanzen ausgetauscht wurden gegen vorgezogenen Bantam-Mais. Die Polizei schritt ein und es kam zu Anzeigen wegen Sachbeschädigung. Die Prozesse stehen noch aus.
In einer lebhaften Diskussion entwickelten die Anwesenden zahlreiche Pläne, wie die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises noch besser über die Gefahren der Gentechnik aufgeklärt werden könnten: Eine große gentechnikfreie Tafel auf dem Marktplatz von Lüchow, kleine gentechnikfrei Regionen ausrufen, Verpächter auf gentechnikuntersagende Klauseln im Pachtvertrag hinweisen, die kulinarische Landpartie (Elbgenuß) nutzen. Weitere Treffen des Bündnisses gentechnikfreies Wendland sollen folgen, um einzelne Ideen in die Tat umzusetzen.
Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung drängten darauf, dass man am Ball bleiben müsse. "Wenn wir dieses Jahr nicht präsent sind und mehr Menschen auf die Gefahren von Gentechnik aufmerksam machen, blüht uns nächstes Jahr wieder das selbe wie 2008" so eine Zuhörerin in Anspielung an den Aussaatversuch von Mon 810 im letzten Frühjahr bei Laase. Über eines waren sich alle einig: Es ist ein großer Erfolg der Aktivitäten im letzen Jahr, das es nach aktuellem Stand in diesem Jahr keine Aussaat von Genmais im Landkreis Lüchow-Dannenberg geben wird.
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Katja Tempel 05841-4540